Sonntag, 2. Dezember 2012
Früher und Heute
Früher war ich auf der Suche,
wusste nicht, was kommt danach?
Es war fern, es war nicht wichtig,
hab nicht weiter nachgefragt.

Früher hatte ich Optionen,
Worte, Pläne, für mein Glück
Zeit um mich noch was zu schonen,
später sollt sich alles lohnen,
früher -das kommt nie zurück!

Heute hab ich wage Pläne,
denen die Angst im Wege steht,
immer noch dieselben Träume,
doch realistisch seh ich heute,
wie vieles geht - was schlicht nicht geht!

Heute lässt es sich nicht leugnen,
niemand holt die Zeit zurück!
Niemand kann, was wir verpassen,
oder schlicht vergehen lassen,
neu erschaffen und erhalten,
niemand kann ein Glück verwalten,
dem wir selbst im Wege stehn.

Was an Möglichkeiten schwindet,
falls man es je widerfindet,
kommt es später, als es sollte,
und bei allem was ich wollte,
seh ich heute rein und klar:

All das ist noch immer da.

Immer noch ein Teil der Wünsche,
immer noch ein wager Plan,
immer noch konkrete Ziele,
wie sies früher auch schon waren.
Nur nicht mehr so realistisch,
weil die Zeit an ihnen nagt,
und nicht mehr so optimistisch,
weil das 'Ich' daran verzagt.

Doch was bringt mir das Bereuen,
sollt ich vor der Zukunft scheuen,
weil die Vergangenheit mich stört?
Das ists doch, was zu mir gehört,

Und was mich selbst zu mir gelenkt,
und mir das heutige 'Ich' geschenkt.
Und damit immer noch Optionen,
die heut nicht weniger sich lohnen,
Wer Träume hat, der hat auch noch ein Leben,

erst wer nicht mehr träumt - hat aufgegeben.



Sonntag, 7. Oktober 2012
Zeitlos
Als Kind ist man reich. Egal wie es einem geht… man lebt davon sich vorzustellen, wie es später wird. Vielleicht geht es einem zugleich gut, man ist behütet und glücklich und kann, zusätzlich zu den Träumen die zum Glück noch ganz viel Zeit haben, in den Tag hinein leben! Genießen, was man bekommt, und sich wünschen was man noch nicht hat. Man hat so viel Zeit vor sich, dass man nicht einmal darüber nachdenken muss um sich zu beruhigen.
Ich kann mich wirklich nicht erinnern, mir jemals gesagt zu haben ‚du bist 12, es hat noch ganz viel Zeit‘. Und ich glaube auch nicht, dass das nötig war.

Wenn man älter wird, hat man immer noch dieselben Träume – und dann geht es ans ‚verwirklichen‘. Und je nachdem wie man aufgewachsen ist, ist das nicht so leicht. Nicht, weil die Eltern sich einem zwangsweise in den Weg stellen sondern auch, weil man nie realisiert hat, dass Träume verwirklichen auch Arbeit bedeutet. Dass man das machen muss, was man ‚nicht‘ mag um das zu erreichen, was man mag. Dass die Zeit, die einem ewig schien und über die man nicht nachgedacht hat, einem plötzlich auf den Fersen ist und man irgendwie Schritt halten muss. Kurz vorher bekommt man das natürlich alles schon erzählt – aber man denkt noch ‚ja klar, aber ich hab doch Zeit‘. Monate… Wochen… für andere Dinge sogar Jahre. Und dann ist man irgendwann Mitte Zwanzig – lange nicht so weit wie man gerne wäre und fragt sich, wo die ganze Zeit eigentlich geblieben ist. Ruft sich in Erinnerung was man alles hatte erreichen wollen bis ‚hierhin‘ und welchen guten Ratschläge man in den Wind geschossen hat, um all das eben nicht zu erreichen.
Und man schaut zurück und sagt sich: Ich hatte so viel Zeit – aber jetzt ist sie vorüber.
Und man schaut nach vorne und sagt sich: Ich habe auch noch Zeit, aber die, die vorüber ist hol ich nie wieder ein!
Und plötzlich ist es kein ‚träumen‘ für die Zukunft mehr, sondern der Moment in dem man entweder seine Träume aufgibt, oder daran arbeitet. Beides unerfreulich – und das Erste eigentlich keine Option.

Aufschieben geht auch jetzt noch… das kann man nämlich ein Leben lang – nur je länger man es macht umso unwahrscheinlicher ist es, dass man ‚irgendwas‘ erreicht. Und irgendwann sitzt man in einem Bus, beobachtet lachende Schulkinder und hat das dringende Bedürfnis ihnen zu sagen, dass ‚das hier‘ ihre beste Zeit wird. Leben – ohne tiefgehende Sorge. Träume – ohne daran arbeiten zu müssen. Jede Menge Zeit. Und zugleich möchte man sagen ‚fang einfach früher an‘ – auch wenn es die Harmonie zerstört, die sie sich eigentlich noch erhalten dürfen.



Dienstag, 11. September 2012
Nur weil alles wieder kommt, ist es nicht egal, dass alles geht, wenn es geht.
Manchmal, wenn ich an unsere Jugend zurückdenke, dann ist es merkwürdig zu sehen, wie das Leben sich so vollständig ändern kann und bis auf einige wenige melancholische Momente trotzdem alles in bester Ordnung ist.
Wie Menschen, die einem 'alles' bedeuteten, kommen - einem das Gefühl geben niemals ohne sie sein zu wollen und dann ganz automatisch wieder aus unserem Leben verschwinden und nicht mehr als wages Bedauern zurücklassen.
Nicht, weil der Tod oder ein schwerer Schicksalsschlag sie genommen hätte - das reisst tiefere Lücken, hinterlässt Trauer und das Gefühl, um etwas betrogen worden zu sein - sondern freiwillig.

Weil das Leben fortgeschritten ist und der Freundeskreis auf der Strecke blieb.
Weil man sich verändert hat.
Oder weil man sich als Einziger nicht verändert hat.
Vielleicht.
Wegen Schul- oder Wohnwechsel und weil man nicht bemüht genug war Kontakt zu halten.
Oder auch scheinbar ganz grundlos.

Und wenn man zurück blickt, kommt einem der Zeitraum zwischen 'best friends forever' und 'nice to meet again' verschwindend gering vor - der Sprung riesengroß. Man trifft sich zufällig und kennt sich kaum. Und man legt auch keinen Wert mehr darauf. Vielleicht spürt man wages Bedauern - vielleicht ein wenig Schuld.
Aber letztendlich hat man ein Leben, zu dem der andere nicht mehr dazu gehört.

Und es ist gut.
Es klingt grausam, aber es ist in Ordnung.
So lange man die Lücke füllt, solange Freunde die verlorenen Freunde ersetzen, solange wir ein neues Umfeld bekommen für das 'neue alte Ich'.

Es ist bedauerlich, aber wenn wir ehrlich sind: Uns fehlt die Zeit und auch die Kraft, alle Freundschaften zu erhalten, während unser Leben sich ständig ändert.
Leben bedeutet Veränderung.

Der Mensch gewöhnt sich an alles... hat meine Mutter einmal gesagt, in einer Situation in der das sehr viel weiser genutzt wurde, als ich es jetzt gebrauche.
Der Mensch gewöhnt sich an alles.
Und wenn ich heute entscheide, auszuwandern - Leben und Freunde zurücklasse, wieso trauern? Wenn ich es freiwillig mache.
Wenn ich doch weiß, dass alles wiederkommt, nur in anderer Gestalt.
Jemand der zuhört, jemand der widerspricht, jemand der versteht und jemand der Verständnis braucht.

Die Wahrheit ist die:
Der Mensch gewöhnt sich an alles.
Aber wenn er das weiß und sich das Gefühl abgewöhnt etwas - nämlich das Aktuelle - niemals verlieren zu wollen... dann hat er bald nichts mehr das es wert wäre, erhalten zu werden.



Freitag, 31. August 2012
Über Freundschaft...oder weniger, oder mehr
Freundschaften gehen. Manche still und leise… andere brechen, bersten und splittern – laut und nachdrücklich. Ufern aus in einem gewaltigen Streit bei dem man sich fragt, ob man ernsthaft befreundet war, ernsthaft die gleichen Dinge gesagt und geglaubt hat und ernsthaft dachte, dass das ewig so sein wird. Dass das endlich mal etwas ist, das von Dauer ist… während sich die Freunde aus Kindertagen davon schleichen und die Freunde der Jugend sich verändern. Aber auch das Erwachsensein befreit einen nicht von dem Wandel, der jeden Menschen ergreift. Es befreit einen nicht davor, sich zu verändern – es befreit nicht davor zuzusehen, wie andere sich verändern. Und nicht vor der Erkenntnis, dass manche Dinge einfach nicht mehr so funktionieren können, wie es vorher der Fall war. Alles schwindet. Alles geht. Beständigkeit ist selten geworden in unserer Zeit – in der man sich per Tastendruck neue Freunde anschafft und wieder abschafft. Was bricht, hatte vielleicht schon eine Weile Risse… war labil geworden durch Unstimmigkeiten und Streit. Oft haben andere damit zu tun, dass es bricht. Aber sie sind nicht der Grund… nicht die Kraft die auf die Freundschaft wirkt und sie zunichte macht. Die kann nur von den Beteiligten kommen – nur von denen, zwischen denen unbemerkt etwas zerstört wird. Es ist dieselbe Kraft die vorher die Freundschaft zusammen gehalten hat – aber die Richtung in die diese Kräfte wirken, ist nicht mehr dieselbe. Und wenn man seinen Weg gehen will – und das muss man früher oder später - dann geht man ihn getrennt voneinander. Das ist traurig, insbesondere in dem Moment in dem es passiert. Es ist traurig weil man weiß, man kann es stoppen – man kann es aufhalten – aber es ist ein Aufschub. Man kann den anderen nicht zurück verändern und man will sich selbst nicht zurück verändern. Man fragt sich, wie lange einem das noch wichtig sein wird… dass man sich versteht, obwohl man weiß, was man verloren hat.
Man fragt sich, ob das Wissen einen empfindlicher macht – ob die Angst einander zu verlieren dafür sorgt, dass man grausam zueinander ist. Man fragt sich, ob es besser wäre es auszusprechen: Du und ich… wir sind keine Freunde mehr, wie früher. Ich habe nicht mehr das Gefühl, dir alles anvertrauen zu können… weil ich Angst habe, dass wir mal über etwas in Streit geraten, das mir wirklich wichtig ist. Ich habe nicht mehr das Bedürfnis zu dir zu kommen… weil meine Erinnerungen an unsere Gespräche auf Streit beruhen. Weil wir ganz anders denken.
Macht es das besser?
Macht es das schlimmer? Die Alternative ist abwarten. Niemand bricht so einfach komplett den Kontakt ab wegen nichts. Eine zerbrechende Freundschaft ist nicht ‘nichts’ im Ganzen – aber im Einzelnen ist sie unscheinbar. Niemand gibt den Kontakt auf, wegen einer Meinungsverschiedenheit. Und niemand macht es wegen tausend Meinungsverschiedenheiten… nicht einfach so – rational, nicht wenn man befreundet war. Aber was auseinander gebrochen ist, driftet nach und nach auseinander. Und wer kann schon sagen, wohin das führt?

Nachdem mein erster Freund schlussgemacht hatte, war ich ein Meister darin geworden, Schlussstriche zu ziehen. Ich habe es gehasst – dass er für sich gegrübelt und entschieden hat und wir dann getrennt waren. Aber ich habe es mir angeeignet, weil es leicht und sinnvoll erscheint. Man kürzt Monate der Zweifel, weitere Streitigkeiten, Unsicherheit, Unwohlsein ab und lässt nicht zu, dass die schon brüchig gewordenen Ketten einen fester umschlingen. Man verkürzt und verstärkt das Leiden. Auch weil manchmal die Geduld fehlt, eine Beziehung auslaufen zu lassen.

Aber eine Freundschaft? Zwar sagt alles in mir: Ja. Das wäre am einfachsten. Keine Unsicherheit mehr darüber, was du schreibst oder sagst – keine Sorgen mehr. Und du weißt: Es wird eh auseinander gehen… es tut es unentwegt. Es entgleitet dir – oder euch. Und es ist in Ordnung. Es ist der Lauf der Dinge. Dass es euch beiden so geht, macht es ‘in Ordnung’ obwohl es entsetzlich traurig stimmt. Und du weißt… es wird nicht lange entsetzlich traurig stimmen… Menschen kommen darüber hinweg. Es ist ok.

Es ist nicht ok.

Du kommst darüber hinweg – ja. Natürlich, denn man kommt über vieles hinweg, und das muss man heutzutage ja auch. Man macht sich eine Weile etwas vor… um Aufschob zu bekommen, damit die offenkundigen Gedanken sich an die unterbewussten Ahnungen gewöhnen können… und wenn man es sich eingesteht – ist es nur noch einkurzer Schritt zum ‘drüber hinweg kommen’. Das ist unvermeidlich. Aber ok ist es nicht.

Freundschaften bricht man aber nicht einfach komplett ab – ohne dass etwas gewesen ist – einfach weil man anders denkt. Anders denken definiert uns. Anders denken macht uns aus… und unser einziges Problem besteht darin, dass wir dem anderen unsere Sichtweisen erklären können – aber sie niemals komplett verständlich machen können, es sei denn sie gleichen sich zufällig in einem Punkt. Wir können auf der Basis von Annäherung sprechen und hoffen, dass der andere zwar ‘dies und das’ nicht gut findet, nicht versteht… insgesamt aber verstehen kann, wie man drauf kommt. Oder es zumindest versucht. Aber mehr können wir niemals erwarten. Nicht, wenn wir schon auseinander driften. Wir können uns jeweils unterschiedliche Blickwinkel ermöglichen, wenn wir lernen uns selbst in den Hintergrund zu stellen und zu zuhören… und die Blickwinkel werden indirekt auf unsere Ansichten wirken… aber wir werden keine Ansicht teilen, nur weil wir es gerne wollen – oder wissen, dass es uns verbinden würde. Niemand ist in der Lage, sich so weit zurück zu stellen und zufrieden und glücklich zu sein. Niemand sollte in der Lage sein, das zu tun.

Freundschaften werden lockerer… weniger intensiv, starr oder fest. Das bedeutet nicht, dass sie zerreissen oder nicht mehr existieren – aber es bedeutet auch, dass sie nicht mehr existieren wie sie mal waren. Das ist gut… das ist eine Veränderung, eine Entwicklung. Es ist keine Entwicklung die man wollte, oder sich ausgesucht hat – aber manchmal eine die sich aufdrängt und sich nicht verhindern lässt. Sich das zu sagen, hilft nicht. Nicht in diesem Moment und vielleicht nicht später – aber das soll es auch gar nicht. Wir wollen uns nicht verinnerlichen, dass Freundschaften kommen und gehen. Wir wollen uns nicht daran erinnern, dass das ständig passiert – oft passiert ist und weiter passieren wird. Wir wollen uns nicht klar machen, dass das auf unser aktuelles Leben zutrifft, unsere Freunde, unsere gesamte Umgebung. Wir können versuchen etwas zu halten, das wir als gut, stabil und perfekt empfinden. Aber wenn es weniger gut, instabil und fehlerhaft wird weil man sich verändert – oder weil man sich als Einziger nicht verändert... dann wird man den Versuch irgendwann aufgeben.
Man wird verbunden sein durch Erinnerungen der Vergangenheit, und man wird sich beeinflussen in der Gegenwart und man wird nicht wissen, was die Zukunft bereit hält. Man wird sich nicht vormachen, dass etwas, das einmal brüchig wurde von Dauer ist. Aber man wird deswegen nicht weniger haben.

Vielleicht hat man deswegen sogar mehr… muss eine Freundschaft die ‘beständig und sicher’ ist aufgeben, um eine Freundschaft zu führen, die sich verändert, die Veränderungen zulässt ohne alles zu zerstören.
Vielleicht ist es das, was wir selbst von der besten Freundschaft hoffen dürfen und sollten. Grandios in der Vergangenheit. Gut in der Gegenwart. Flexibel in der Zukunft. Vielleicht können wir mehr nicht erwarten. Oder vielleicht ist das das ‘mehr’ das man erwarten kann, wenn man die vorige Stufe hinter sich gelassen hat.